10/08/2024 0 Kommentare
„Essen ist das Fest im Alltag“ (Karl Rahner SJ)
„Essen ist das Fest im Alltag“ (Karl Rahner SJ)
# geistliche Impulse/Extrablatt MH
„Essen ist das Fest im Alltag“ (Karl Rahner SJ)
Essen gehört dazu. Natürlich. Jeden Tag. Normalerweise.
Wir holen uns einen Joghurt aus dem Kühlschrank, kochen uns etwas Feines oder bekommen etwas von anderen angeboten. Meistens haben wir wohl keine besondere Beziehung zu den Nahrungsmitteln, die wir verspeisen. Wir haben diese Kartoffeln nicht selbst geerntet. Wir kennen die Kühe nicht, deren Milch wir trinken.
Manchmal ist das anders: Wenn jemand mit am Tisch sitzt, der (oder die) das Brot selbst gebacken hat, dann essen wir ehrfürchtiger, kauen bewusster, versuchen zu schmecken, wie es gewürzt ist, stellen uns vor, wie viel Mühe das Backen gekostet hat. Und spüren Dankbarkeit.
Aber eigentlich hindert uns niemand daran, auch das Fabrikbrot aus der Plastiktüte mit Sinn und Verstand zu essen und dankbar dafür zu sein. Auch wenn wir dafür bezahlt haben, ist es im Grunde ein Geschenk: Dass es überhaupt da ist und dass wir es kaufen können, ist nicht selbstverständlich.
Wenn wir uns genug Zeit nehmen können, genießen wir eine Mahlzeit intensiver – wenn wir nicht nur im Stehen essen, während die Tagesschau läuft und wir gleichzeitig noch eine E-Mail beantworten.
Eine zusätzliche Dimension kommt ins Spiel, wenn wir gemeinsam essen. Dann wird vorher schon der Tisch gedeckt. Während der Mahlzeit achten wir darauf, wer noch ein bisschen mehr Soße brauchen könnte. Wir kommen ins Gespräch miteinander: Wir erfahren etwas Neues, vielleicht sehr Persönliches. Wir können von uns selber erzählen, was uns beschäftigt. Wir verteilen nicht nur die Speisen, sondern teilen auch uns selbst mit. Unsere Verbundenheit wächst, das Mahl wird zum Zeichen der Einheit. Jede gewöhnliche Mahlzeit wird ein heiliges Tun. Jedes gewöhnliche Brot wird zum Zeichen der Gegenwart Christi. Es entsteht ein Gespür dafür, dass Gott selbst unser Gastgeber ist – und unser Gast. Er gehört dazu. Natürlich. Jeden Tag. Normalerweise.
Mit frohen Grüßen,
Ihr Walter Heck SJ, Wien
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