14/11/2025 0 Kommentare
Alt werden - unter Beobachtung
Alt werden - unter Beobachtung
# geistliche Impulse/Extrablatt MH

Alt werden - unter Beobachtung
Alt werden. Wenn man einmal über 70 ist, macht man neue, besondere Erfahrungen. Ich möchte hier eine herausgreifen, die vielen Betroffenen vertraut sein dürfte: Wer über 70 ist, steht unter Beobachtung.
Die Angehörigen und Bekannten schauen einen prüfender an: Aussehen, Sprechen, Gehen? Wenn sie uns mögen, tun sie’s mit freundlich besorgten Blicken und bemerken vielleicht wohlwollend: „Sie/er tut sich zwar etwas schwer, aber es geht noch ganz gut.“ Oder: „Sie braucht jetzt eine Putzhilfe, aber immerhin kann sie sich noch selbst versorgen.“ Ob uns jemand besucht oder ob wir auf der Straße Bekannte treffen: überall prüfende Blicke. Gewiss, wir liegen nicht im Beobachtungsraum eines Krankenhauses, dafür misst aber der Hausarzt unseren Blutdruck und untersucht unsere Blutwerte.
Wir stehen unter Beobachtung. Nicht nur unter der von Mitmenschen. Nein, wir müssen uns auch selbst beobachten. Müssen auf Anzeichen von möglichen Störungen achten: auf Gewicht, Schwindel, Schmerzen, Knoten. Unaufgeregte Selbstbeobachtung kann unsere Gesundheit fördern – angstgetriebene Selbstbeobachtung aber führt zu übermäßiger Sorge und schadet unserem Wohlbefinden.
Im Blickfeld Gottes
„Altwerden ist nichts für Feiglinge“ (Mae West/Joachim Fuchsberger). Wie kommen wir zu einer gelassenen, zuversichtlichen Selbstbeobachtung? Eine wichtige Hilfe finden wir meines Erachtens, wenn wir uns bewusst machen, dass wir auch im Blickfeld eines Höheren leben. Wir stehen unter der Beobachtung dessen, von dem uns Jesus versichert, dass er wie ein Vater (er hätte auch sagen können: wie eine Mutter) auf uns schaut.
Diesen Blick begleitet ein Wohlwollen, das keine menschlichen Stimmungsschwankungen, keine Launen kennt. Ein Blick, der in unser Herz hineinreicht. Der „Vater, der ins Verborgene sieht“, vergilt nicht nur unser Almosen-Geben, unser einsames Beten und unser Fasten (Matthäus 6,4.6.18), sondern ermutigt uns auch, wenn wir uns um Durchhaltevermögen, Zufriedenheit und Nächstenliebe bemühen. Darum sind wir auch nie allein. Weder in unseren Freuden noch in unseren Nöten. Wir können erfahren, was Psalm 139 so ausdrückt:
„HERR, du hast mich erforscht und kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du kennst es. Du durchschaust meine Gedanken von fern. Ob ich gehe oder ruhe, du hast es gemessen. Du bist vertraut mit all meinen Wegen. … Von hinten und von vorn hast du mich umschlossen, hast auf mich deine Hand gelegt. Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen, zu hoch, ich kann es nicht begreifen.“
Dieses wunderbare Wissen wünsche ich Ihnen.
Ihr Bernhard Grom SJ, München

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