
10/10/2025 0 Kommentare
Johannes XXIII. - eine stille Revolution
Johannes XXIII. - eine stille Revolution
# geistliche Impulse/Extrablatt MH

Johannes XXIII. - eine stille Revolution
Gegen Ende seines Lebens erinnerte mich Papst Franziskus immer stärker an einen seiner großen Vorgänger: Johannes XXIII. Sein Gedenktag ist der 11. Oktober – der Tag, an dem 1962 das Zweite Vatikanische Konzil begann.
Johannes XXIII. war ein Bauernsohn aus einfachen Verhältnissen und stammte aus der Nähe von Bergamo. Viele vergessen das leicht, wenn sie über das Papstamt sprechen. Doch gerade er hat mit einer einzigen Entscheidung Geschichte geschrieben: Er berief das Zweite Vatikanische Konzil ein. Nicht mit großen Plänen oder lauten Parolen, sondern mit dem einfachen Wunsch, die Kirche auf den heutigen Tag zu bringen – „aggiornamento“, „Verheutigung“.
Er öffnete Türen: Weg von einer Kirche, die nur sich selbst betrachtet, hin zu einer Kirche, die zuhört. Weg vom Triumph, hin zur Demut. Weg von Abgrenzung, hin zum Dialog. Vielleicht können wir uns fragen: Wo spüre ich selbst, dass alte Formen nicht mehr tragen? Was könnte in mir – in meinem Glauben, in meinem Leben – neu werden?
Heute, sechzig Jahre später, stehen wir wieder an einer Schwelle. Die Welt verändert sich schnell. Vertrauen in Institutionen schwindet. Neue Fragen drängen an die Oberfläche. Auch jetzt ist die Versuchung groß, sich zurückzuziehen – in Bekanntes, in Sicheres. Doch Papst Franziskus und sein Nachfolger Leo knüpfen an Johannes an: Sie laden uns ein, als Kirche unterwegs zu sein. Eine Kirche, die zuhört, sich berühren lässt und gemeinsam sucht. Vielleicht kann das auch zu einer persönlichen Haltung werden: Welche Türen könnte ich öffnen – für Menschen, für Gespräche, für Veränderungen? Wie kann mein Glaube beweglicher, offener, ja froher werden?
Johannes XXIII. schrieb einmal: „Es gibt unzählige Wege, dem Herrn zu dienen. Es gibt auch einen für dich!“ Das Vermächtnis des Bauernsohns bleibt lebendig: Kirche ist kein Museum. Gott ist eine feste Burg und gibt Halt in stürmischer Zeit. Die Kirche aber wird lebendig, wo sie Gottes Zelt wird: offen für den Wind des Geistes und weit für alle, die unterwegs sind.
Möge dieser Herbst nicht nur Blätter bewegen, sondern auch unsere Herzen – hin zu einer Kirche, die unterwegs ist, und zu einem Glauben, der vom Geist getragen wird.
Das wünscht von Herzen
Ihr Benedikt Lautenbacher SJ, München

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