
04/10/2025 0 Kommentare
Erntedank - Gott schenkt sein Heil
Erntedank - Gott schenkt sein Heil
# geistliche Impulse/Extrablatt MH

Erntedank - Gott schenkt sein Heil
Als Kind lebte ich auf dem Land und ich liebte ich es, wenn die Erntezeit kam. Ich liebte es, wenn ich dabei sein konnte, wenn am Feldrand die mit Korn gefüllten Getreidesäcke aneinander gereiht wurden, wenn Berge von Kartoffeln in die Mulden kullerten und Äpfel auf den Regalen im Keller in langen Reihen aufgelegt wurden. Da erlebte ich die Fülle der Gaben der Natur als eine unerschöpfliche Quelle, die für uns Leben und Lebensfreude bereithält.
Wieder ist Herbst, und wieder feiern die Menschen Erntedank. Doch unser Verhältnis zur Natur hat sich stark verändert. Lebten frühere Generationen mit der Vorstellung, dass Schätze der Erde unerschöpflich und die uns umgebende Natur unbesiegbar stark sei, so erfahren wir in immer neuen Katastrophen die Grenzen der Erde und ihrer Natur. An die Stelle des Glaubens an ein Immer-noch-mehr, das sich aus der Natur gewinnen lässt, ist die Sorge um den Erhalt der Natur und des Lebens auf der Erde getreten. Viele fragen sich: Kann die Menschheit einen neuen Umgang mit der Natur lernen?
Sattwerden als Segen: Die Geschichte von Ruth
Die Erfahrung von den Grenzen des Wachstums gab es schon in biblischen Zeiten. Das Buch Ruth erzählt von Noomi, einer Frau aus Bethlehem, die wegen einer Hungersnot mit ihren Söhnen ins Ausland gezogen ist. Dort starben beide Söhne und Noomi kehrte mit ihrer Schwiegertochter Ruth nach Bethlehem zurück. Ruth war eine Fremde in Bethlehem, ohne Familie und ohne Besitz. Es war Herbst. So suchte Ruth auf den Feldern der Umgebung nach Nahrung. Dabei wurde sie von Boas entdeckt, einem Mann aus der Familie Davids. Er erlaubte ihr, auf seinen Feldern die Ähren zu sammeln, die die Schnitter übriggelassen hatten. So konnte sie überleben. Das Erntedankfest erinnert daran, dass uns der reiche Segen der Natur auch verpflichtet, ihn so zu teilen, dass alle Menschen leben können. Die weltweite Hungerhilfe kommt aus dieser Einsicht.
Die Geschichte von Ruth verbindet die Erntezeit mit einem zweiten Akzent. Ruth wird in die Familie Davids aufgenommen, aus der viele Jahre später der Sohn Gottes hervorgeht. Das Matthäus-Evangelium erwähnt Ruth im Stammbaum Jesu als eine der Frauen, die zu Jesu Vorfahren gehören. So verbindet die Bibel Erntedank mit der Heilsgeschichte Gottes.
Erntedankfest bedeutet, sich daran zu erinnern, dass die Fülle der Natur ein Hinweis darauf ist, dass Gott unser Heil will – ja dass sein Heil in unserem Leben schon gegenwärtig ist. Das gilt für jeden Menschen: Meine Geschichte ist nicht nur eine Aneinanderreihung von schönen oder traurigen Erlebnissen, sondern sie verweist mich immer wieder auf Gottes Geschichte mit mir, sei es durch die Natur, durch die Gottesdienste der Kirche oder meine eigenen Lebenserfahrungen: Gott schenkt sein Heil.
Ihr Markus Franz SJ, Köln

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